Als Theaterfestival setzen wir uns schon seit vielen Jahren nachhaltig für die Inklusion von Menschen mit Behinderungen ins kulturelle Leben ein. Um dem ganzheitlich gerecht zu werden, ergreifen wir auf Ebene der Mitarbeiter*innen, der Künstler*innen und der Zuschauer*innen entsprechende Massnahmen. Wir sind uns bewusst, dass wir im Moment noch keine Angebote für alle Barrierefreiheitsbedarfe anbieten können. Wir sind auf allen Ebenen konstant daran, uns weiterzubilden und weiterzuentwickeln. Dies geschieht im engen Austausch mit Menschen mit Behinderungen.
Mitarbeiter*innen
Von 2016 bis 2019 hat auawirleben jeweils eine Praktikumsstelle und/oder eine Stelle im Betriebsbüro explizit mit Menschen mit einer Hörbehinderung besetzt, zudem haben wir eine Person mit Neurodivergenz im Kernteam. Seit 2020 schreiben wir unsere Praktikumsstellen und regulären Stellen offener aus und zwar mit dem Hinweis, dass insbesondere Bewerbungen von Menschen mit Hörbehinderungen, Sehbehinderungen oder Neurodivergenzen, sowie von Angehörigen anderer im Arbeitsmarkt benachteiligter Personengruppen bevorzugt werden. Seither konnten wir die Praktikumsstellen mit zwei Personen mit Fluchterfahrung, einer Person mit Sehbehinderungen, zwei Personen mit Neurodivergenzen und fünf Personen mit Hörbehinderungen besetzen. Zudem sind Menschen mit Hörbehinderungen seit vielen Jahren fixer Bestandteil unseres Helfer*innenteams. Seit 2023 arbeiten wir intern und innerhalb unserer Spielort-Partnerschaften mit einem sogenannten 'Disability Awareness Rider'. Dieser Rider ist ein Merkblatt für den Umgang mit Menschen mit Behinderungen.
Künstler*innen
Im Programm von auawirleben finden sich schon seit vielen Jahren Produktionen, an deren Kreation und/oder Aufführung Menschen mit Behinderungen federführend oder beteiligt sind:
2025: Theater Thikwa & hannsjana (Berlin) Bauchgefühl; Laura Murphy (Bristol) A spectacle of herself; Yaniv Cohen (Oslo): I work with a potential that I might be a DOG
2024: Chisato Minamimura: Scored in Silence
2023: Dan Daw Creative Projects: The Dan Daw Show
2023: movo: Tanzvermittlung in KörperBildSinnSprache
2022: Raquel Meseguer Zafe: A Crash Course in Cloudspotting
2021: Touretteshero: Daily Outbursts
2020/21: Rimini Protokoll (Berlin): Uncanny Valley
2019: Touretteshero (London): Stand up, sit down, roll over
2019: Nowy Teatr (Warschau): Jeden Gest
2018: Bilingue Slam - Poetry Slam in D und DSGS
2017: Theater HORA (Zürich): Gott
2016: Lies Pauwels (Antwerpen): Het Hamiltoncomplex
2015: Theater HORA & kraut_produktion (Zürich): Human Ressources
2015: Trickster-p (Novazzano): Sights
2014: Rimini Protokoll (Berlin): Qualitätskontrolle
2014: Theater HORA (Zürich) & Das Helmi (Berlin): Mars Attacks!
2012: Theater HORA (Zürich) & Jérôme Bel (Paris): Disabled Theater (Vorpremiere)
Publikum
Folgende Zugänglichkeitsmassnahmen für das Publikum sind geplant.
Gebärdensprache und Übertitel
In jeder Festivalausgabe wird neu geprüft, welche Theaterproduktionen sowie Veranstaltungen des Rahmenprogramms durch Gebärdensprachdolmetscher*innen für Menschen mit Hörbehinderungen übersetzt werden können. Für einige Produktionen engagierten wir ein Team von hörenden Dolmetscherinnen und Deaf Interpreter. Voraussetzung ist, dass die Theaterproduktionen sich künstlerisch eignen und dass die Theatergruppen einverstanden sind. Mindestens zwei geeignete Theaterproduktionen jeder Festivalausgabe werden mit gut lesbaren deutschsprachigen Übertiteln für Menschen mit und ohne Hörbehinderungen präsentiert.
Audiodeskription und taktile Führungen
Seit 2019 bieten wir jeweils ca. zwei Vorstellungen mit Audiodeskription an. Begleitend dazu bieten wir seit 2022 taktile Führungen der Bühne, meist vor der Vorstellung, an. Für diese arbeiten wir eng mit den Künstler*innen zusammen und integrieren sie wo möglich in die Führung.
Relaxed Performances
Einige Vorstellungen finden als Relaxed Performances statt. Eine Relaxed Performance soll eine einladende und integrativere Atmosphäre schaffen, als wir uns das im Theater oft gewohnt sind. Dazu werden Rahmenbedingungen der Veranstaltung angepasst und das Publikum ermutigt, die Aufführungen auf eine für sie angenehme Weise zu erleben.
Auch andere Dinge, die im Theater sonst stören, wie z. B. Sprechen, sind erlaubt. Es stehen zudem alternative Sitzgelegenheiten wie Keilkissen oder Sitzsäcke zur Verfügung. Von diesem relaxten Setting profitieren alle, welche sich in die üblichen – ziemlich starren – Theaterkonventionen nicht wohlfühlen (Menschen mit Neurodivergenzen, Menschen mit Angststörungen, Menschen, die nicht lange stillsitzen können – und viele mehr).
Special Check-In
Menschen, die aus irgendeinem Grund das volle Foyer vermeiden möchten, Mühe haben, mit der Menge in den Saal zu strömen, oder einen speziellen Sitzplatz benötigen, können sich bei uns im Rahmen des Special Check-In nach vorheriger Anmeldung von jemandem aus dem aua-Team nach den jeweiligen Bedürfnissen begleiten lassen.
Relaxed Space: Im Festivalzentrum wir ein abgeschirmter Ruhebereich eingerichtet. Dieser dient als Rückzugsort bei Reizüberflutung. Neben gemütlichen Sitzgelegenheiten stehen Gehörschütze und diverse Fidget Toys zur Verfügung.
Content Notes
Da jede Person eine eigene, sich stetig verändernde, Geschichte mitbringt, wird das Erlebte immer wieder neu und individuell wahrgenommen. Mit den Content Notes möchten wir sicherstellen, dass Sie sich für die Vorstellungen gut vorbereitet und wohl fühlen. Wir stellen Ihnen inhaltlichen Hinweise für Produktionen zur Verfügung, ohne die Handlung damit vorwegzunehmen.
Wir sind uns bewusst, dass das, was für eine Person ein Auslöser sein kann, für die andere Person nicht gleich gilt. Was in den Produktionen verhandelt wird, kann erschütternd oder traumatisierend sein und schlechte Gefühle auslösen. Unser Ziel ist es, inhaltliche Hinweise zu geben, die es Ihnen ermöglichen, die Produktionen auszuwählen, die zu Ihrer persönlichen Geschichte bestmöglich passen. Auawirleben möchte einen unterstützenden und inklusiveren Raum schaffen, in dem Sie sich durch unsere Inhaltsinformationen voll und ganz auf unsere Aufführungen einlassen oder sich dagegen entscheiden können, so wie es für Sie richtig ist. Im Abschnitt Barrierefreiheit jeder Produktion veröffentlichen wir Content Notes.
Sensorische Reize
Einige Produktionen enthalten sensorische Elemente, die für bestimmte Zuschauer*innen intensiv oder überwältigend sein können. Hinweise zu sensorischen Reizen helfen Ihnen in der Vorbereitung zu einer Vorstellung, indem sie Elemente hervorheben, die Ihr Wohlbefinden oder Ihr Erlebnis beeinträchtigen können. Im Abschnitt Barrierefreiheit jeder Produktion geben wir Hinweise zu sensorischen Reizen.
Website/Kommunikation
Auf unserer Website können die Theaterproduktionen nach Zugänglichkeitshilfen gefiltert werden, so dass jede*r rasch den Überblick hat. Die Abschnitte «Zugänglichkeit» bieten jeweils detailliertere Informationen über die Massnahmen bei den einzelnen Stücken. Unsere Abschnitte «Einfach gesagt», welche auf einfache und kurze Weise die Programmpunkte erklären, sowie Videos in Gebärdensprache behalten wir bei.
Social Stories
Seit 2022 stellen wir auf unserer Website zu allen Veranstaltungen eine sog. Social Story bereit. Dieses übersichtliche Dokument beschreibt den Ablauf des Theaterabends und die örtlichen Begebenheiten vor dem Besuch. Die Social Stories dienen so allen, die von unbekannten und ungewohnten Situationen verunsichert sind. Sie können nicht nur neurodivergenten Personen, sondern auch einem breiten Publikum eine Sicherheit bieten und die Angst vor Unbekanntem nehmen.
Access Friend/Access Trolley
Seit 2024 gibt es in den Foyers der Spielstätten vor, nach und während den Vorstellungen eine*n Access Friend. Diese Person ist an einer violetten Weste gut erkennbar. Bei Fragen zur Barrierefreiheit und bei Access-Bedarfen (z.B. Bedienung der Treppenlifte, frühzeitige Führung in den Theatersaal, Reservation von Sitzplätzen mit guter Sichtbarkeit zur Gebärdenverdolmetschung) kann sich das Publikum an diese Person wenden. Im Jahr 2025 führten wir an jeder Spielstätten einen „Access Trolley“ ein. Neben weiteren Informationen (Sensorische Reize, Content Notes) stehen auch Gehörschutz und verschiedene Fidget Toys zur Verfügung.
Sensibilisierung
Zudem sensibilisieren wir das Publikum ohne Behinderungen gezielt für Menschen mit anderen Bedürfnissen. So gab es in den letzten Jahren die Möglichkeit, an der Bar im Festivalzentrum mittels Tablets zu lernen, wie man Getränke in Gebärdensprache bestellt. Dies vereinfachte einerseits die Kommunikation mit den gehörlosen freiwilligen Helfer*innen, die hinter der Bar standen. Andererseits löste es viele interessante Begegnungen und Gespräche aus. Ebenso haben wir bereits zweimal Crashkurse in Gebärdensprache im Festivalzentrum angeboten, zuletzt im 2025, welche sehr gut besucht waren und die Schwelle der Kommunikation noch weiter abgebaut haben. Diese Sensibilisierungsmassnahmen entwickeln wir jährlich passend zu den Begebenheit weiter.
Sensibilisierung
auawirleben macht das Festival aber nicht nur für Menschen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen barrierefrei, sondern möchte auch das Publikum ohne Behinderungen gezielt für Barrierefreiheit sensibilisieren. So gab es in den letzten Jahren die Möglichkeit, mittels kurzer Videos zu lernen, wie man an der Bar Getränke in Gebärdensprache bestellt. Oder man konnte in Crashkursen Basics der Gebärdensprache lernen, was die Schwelle der Kommunikation noch weiter abgebaut hat. Diese Sensibilisierungsmassnahmen werden von auawirleben laufend ausgebaut.
Labelpartnerschaft «Kultur inklusiv»
Seit 2016 gehört auawirleben zu den ersten Schweizer Kulturinstitutionen, welche mit dem Label «Kultur inklusiv • Culture inclusive» ausgezeichnet wurden. Dieses Label geht an Institutionen, die sich sowohl auf der Publikumsseite als auch bei den Künstler*innen und Mitarbeiter*innen nachhaltig für die ganzheitliche Inklusion von Menschen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen in das kulturelle Leben einsetzen. Die Charta zur kulturellen Inklusion wurde in einem partizipativen Prozess erarbeitet und bildet die Grundlage der Labelpartnerschaft. auawirleben verpflichtet sich, nach diesen Leitlinien zu handeln und sich weiterzuentwickeln.